Beratungshilfe – unser Ratgeber zu Antrag, Anspruch und Höhe

Im Alltag tauchen regelmäßig Situationen auf, in denen nicht klar ist, welche Rechte und Pflichten Sie haben. Falsche Betriebskostenabrechnungen, Abmahnungen im Arbeitsrecht, Ärger mit dem Vermieter wegen des Grillens auf dem Balkon oder Unterhaltsfragen – Momente, in denen ein tiefes Verständnis für die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften hilfreich ist. Laien fehlt dieser Einblick in die entsprechenden Gesetze und Rechtsvorschriften aber meist.

Hilfe durch einen Anwalt ist an dieser Stelle oft unumgänglich. Basierend auf der geltenden Gebührenordnung kann mit deren rechtsberatender Tätigkeit allerdings ein hohes Honorar verbunden sein. Verfügen Sie über kein ausreichend hohes Einkommen, wird Ihr Haushalt de facto von einer möglichen Durchsetzung eigener Rechte abgeschnitten. Um niedrigen Einkommen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen, übernimmt der Staat mit der Prozesskostenhilfe (PKH) Fürsorgepflichten und erstattet die Kosten für ein Gerichtsverfahren.

Was ist die Beratungshilfe?

© Jeanette Dietl - Fotolia.com
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Die Aufgabe der PKH ist also die finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Haushalte für den Fall, dass die Kosten eines Gerichtsverfahren nicht getragen werden können. Wie sieht die Situation aber aus, wenn es zu keinem gerichtlichen Verfahren kommt? Auch hier entstehen durch die Beratung und Vertretung durch einen Anwalt Kosten.

Geschlossen wird die Lücke durch das Instrument der Beratungshilfe. Dabei handelt es sich quasi um das außergerichtliche Pendant zur PKH, die Sie als Haushalt ohne entsprechende Rücklagen nutzen können. Gewährt wird Betroffenen die Leistung auf Grundlage des Beratungshilfegesetzes (BerHG – Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen). Letzteres regelt unter anderem, welche Voraussetzungen Sie müssen, um die Beratungshilfe in Anspruch nehmen zu können.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Die Beratungshilfe wird als finanzielle Hilfe für Rechtsberatung gewährt
  • Die Kriterien für die Bewilligung sind im BerHG festgelegt

Wer kann Beratungshilfe im Alltag wahrnehmen?

Um die beiden Unterstützungsformen im Zusammenhang mit einer anwaltlichen Vertretung zu erhalten, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Hinsichtlich der Beratungshilfe macht § 1 BerHG (Beratungshilfegesetz) ganz klare Vorgaben, in welchen Situationen die Hilfe von Ihnen in Anspruch genommen werden kann. Dazu gehört unter anderem, dass Ihrem Haushalt:

  • keine finanziellen Mittel aus Einkommen oder Vermögen
  • und keine anderen Möglichkeiten

zur Verfügung stehen, um die Rechtssuche zu bewerkstelligen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass Sie die Hilfe nicht für mutwillige Verfahren in Anspruch nehmen.

Dieser letzte Punkt ist gerade für Laien alles andere als leicht zu durchschauen. Mutwilligkeit wird dabei meist dann unterstellt, wenn Sie die Rechtsberatung durch einen Anwalt nicht in Anspruch nehmen würden, wenn Sie dessen Leistungen selbst finanzieren müssen.

Als Faustregel kann hinsichtlich des Anspruchs auf Beratungshilfe folgender Sachverhalt gelten: Wer die Bedingungen für den Erhalt von Prozesskostenhilfe erfüllt, kann auch die Beratungshilfe in Anspruch nehmen. Wichtig ist hierbei allerdings, dass die PKH ohne eigenen Beitrag zu gewähren ist.

Wichtige Fakten zum Anspruch auf Beratungshilfe:

  • ein Anspruch besteht immer dann, wenn nach §1 BerGH kein eigenes Vermögen vorhanden ist und das Einkommen für einen Anwalt nicht ausreicht
  • auch andere Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden
  • sie dürfen die Rechtsberatung nicht nur deshalb in Anspruch nehmen, weil diese durch die Beratungshilfe getragen wird
  • Sie müssen einen Antrag stellen
  • Wer Anspruch auf Prozesskostenhilfe hätte, erhält im Normalfall auch Beratungshilfe

Bedürftigkeit und Beratungshilfe

Eine der wichtigsten Bedingungen für die Gewährung der Beratungshilfe ist das Fehlen der finanziellen Leistungsfähigkeit. Im Rahmen des Antrags müssen Sie deshalb umfassende Angaben hinsichtlich Ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse (Einkommen, Vermögen) machen. Dazu gehören neben dem Erwerbseinkommen auch Unterhaltszahlungen, Leistungen wie Kindergeld und bestehendes Vermögen.

Abgezogen werden auf der anderen Seite Ausgaben wie:

  • Miete
  • Beträge, die in bestimmte Versicherungsverträge fließen
  • Steuern bzw. Sozialversicherungsbeträge oder
  • Unterhaltspflichten.

Zuzüglich gelten für die Beratungshilfe Freibeträge, die geltend gemacht werden können. Diese entsprechen jenen Summen, die auch bei der Berechnung der PKH gelten, und belaufen sich auf (Stand 2014):

GrundFreibetrag
bei Erwerbstätigkeit206 Euro
bei Unterhaltspflicht für Erwachsene362 Euro pro Person
bei Unterhalt für Personen zwischen 15. - Ende 18. Lebensjahr341 Euro pro Kind
bei Unterhalt für Personen zwischen 7. - Ende 14. Lebensjahr299 Euro pro Kind
bei Unterhaltspflicht für Personen bis Ende 6. Lebensjahr.263 Euro pro Kind

Beratungshilfe – der Antrag

© Photographee.eu - Fotolia.com
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Als Antragsteller müssen Sie sich im Hinblick auf die Beratungshilfe an gewisse Spielregeln halten. Dazu gehört unter anderem die Tatsache, dass der Antrag bei Ihrem Amtsgericht zu stellen ist. Aber: Das BerHG überlässt es Ihnen, welche Form Sie für diesen Antrag wählen. § 4 Beratungshilfegesetz erklärt klar, dass der Antrag auf die Hilfe schriftlich oder mündlich gestellt werden kann.

Im Zusammenhang mit dem Beratungshilfeantrag müssen Sie Angaben zu Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen machen und diese entsprechend belegen. Es ist daher sinnvoll, entsprechende Nachweise vorzubereiten.

Parallel ist Ihrerseits zu versichern, dass:

  • im strittigen Verfahren bisher keine Beratungshilfe gewährt oder abgelehnt
  • und kein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder war.

Beachten Sie an dieser Stelle bitte, dass Ihr zuständiges Amtsgericht das Nachreichen weiterer Belege verlangen kann und Sie diese für einen erfolgreichen Antrag beizubringen haben. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Ihr Antrag abgelehnt wird – und Sie keine Beratungshilfe erhalten.

Wie kann die Beratungshilfe in der Praxis aussehen?

Im Hinblick auf die Prozesskostenhilfe ist die Leistung bzw. die finanzielle Unterstützung relativ klar umrissen. Übernommen werden die Gerichtsgebühren sowie das anwaltliche Honorar. Die Situation bei der Beratungshilfe sieht etwas anders aus. Auf den ersten Blick denkt man hierbei an Rechtsanwälte. Beratungshilfe kann aber noch ganz andere Formen als „nur“ den anwaltlichen Rat umfassen.

Sehen Sie für sich die Notwendigkeit einer Rechtsberatung, kann diese beispielsweise auch direkt beim Amtsgericht in Anspruch genommen werden. Die Beratungshilfestellen der Gerichte übernehmen im Allgemeinen diese Leistungen aber nur in einfachen Fällen. Daneben kann eine Rechtsberatung auch über andere Stellen wie Verbraucherschützer oder Ähnliches stattfinden.

Ist der zugrunde liegende Sachverhalt komplex, kommt im Regelfall nur eine Beratung durch entsprechend ausgebildete Experten – sprich Rechtsanwälte – in Frage. Um deren Beratungsleistung in Anspruch nehmen zu können, stellt die zuständige Stelle am Amtsgericht einen Berechtigungsschein aus. Auf dessen Grundlage kann die Beratung schließlich in Anspruch genommen werden.

Für welche Rechtsgebiete gibt es Beratungshilfe?

Prozesskosten- und Beratungshilfe verbinden diverse Schnittpunkte. Beide stehen Ihnen zur Verfügung, wenn die finanziellen Mittel für eine Rechtsvertretung fehlen. Allerdings unterscheiden sich beide Hilfen in einigen Aspekten deutlich. So kommt die PKH nur für einige ausgewählte Rechtsgebiete in Frage, wie:

  • Zivilrecht
  • Verwaltungsrecht
  • Arbeits- und Sozialrecht.

Die Beratungshilfe geht an dieser Stelle weiter. Es können Beratungsleistungen auch im Zusammenhang mit Themen aus dem:

  • Steuerrecht
  • Ordnungswidrigkeitenrecht oder
  • Strafrecht

in Anspruch genommen werden. Die Grundlage hierfür ist § 2 BerHG, das Ihnen eine Bewilligung für Beratung in allen rechtlichen Angelegenheiten zusichert. Allerdings bleibt beispielsweise in den beiden zuletzt genannten Rechtsgebieten (Ordnungswidrigkeiten und Strafrecht) nach § 2 Abs. 2 BerHG dem Rechtsbeistand ausschließlich die Beratung vorbehalten. Eine Vertretung ist hier ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die Beratungshilfe für Rechtsangelegenheiten, in denen das Recht anderer Staaten zur Anwendung kommt, ebenfalls nicht möglich.

Kosten und Höhe der Beratungshilfe

Grundsätzlich wird Beratungshilfe als Sachleistung erbracht. Als Betroffener können Sie in einer rechtlichen Notsituation eine rechtliche Beratung über das zuständige Amtsgericht in Anspruch nehmen oder erhalten über den Beratungsschein Hilfen durch Rechtsanwälte. Ein Rechtsanwalt kann Ihnen jedoch zusätzlich eine Gebühr von 15 Euro berechnen. Andere Kosten fallen für Sie als Ratsuchenden im Regelfall nicht an.

Hinsichtlich der Höhe der Beratungshilfe wickeln die Rechtsanwälte alle weiteren Schritte mit der Staatskasse ab. Hierbei sind festgelegte Gebührensätze vorgesehen. Deren Höhe ist pauschal geregelt und richtet sich unter anderem danach, ob es zu außergerichtlichen Einigungen kommt, es sich um ein Insolvenzverfahren handelt usw. Für Sie als Verbraucher ist die Höhe der Honorare aber im Allgemeinen nicht relevant.


Hinweis:Wird Ihnen Beratungshilfe gewährt, bewirkt dies eine Hemmung anderer Vergütungsansprüche für Ihren Anwalt. Nach § 8 BerHG haben Beratungspersonen keinen Anspruch auf eine anderweitige Vergütung mehr. Beachten Sie aber bitte, dass eine Aufhebung der Beratungshilfe den Vergütungsanspruch wieder aufleben lassen kann. Dies ist nach § 8 BerHG Abs. 2 Nr. 2 dann möglich, wenn Ihr Rechtsanwalt auf das mögliche Erlöschen des Anspruchs und die steigenden Kosten vorher hingewiesen hat.


Ein großer Unterschied zwischen PKH und Beratungshilfe besteht auch in der Tatsache, dass Letztere nicht zurückgezahlt werden muss. Sie können die Unterstützung für die Beratung und eventuell außergerichtliche Vertretung als Zuschuss in Anspruch nehmen. Allerdings muss Ihnen als Rechtssuchender an dieser Stelle folgender Sachverhalt klar sein: Durch das Amtsgericht kann die bewilligte Beratungshilfe wieder aufgehoben werden. Dabei ist für diesen Schritt nicht nur ausschlaggebend, ob die Beratungshilfe aufgrund unrichtiger Angaben Ihrerseits fälschlicherweise gewährt wurde.

Ist es außergerichtlich beispielsweise zu einer Einigung gekommen, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert, kann die Beratungsperson – also Ihr Rechtsanwalt – die Aufhebung der Bewilligung beim Amtsgericht beantragen. Wird dem stattgegeben, verlieren Sie nicht einfach nur die Beratungshilfe. Es leben die – meist höheren – Vergütungsansprüche des Anwalts aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz wieder auf.

Die wichtigsten Fakten zu den Kosten und der Höhe:

  • Die Beratungshilfe wird nicht pauschal ausgezahlt
  • Im BerHG sind klare Vergütungen für Ihren Rechtsanwalt festgelegt
  • ein Rechtsbeistand kann zusätzlich 15 Euro Gebühr von Ihnen verlangen
  • alle weiteren Kosten werden zwischen Anwalt und Staatskasse geregelt
  • Ihr Rechtsanwalt hat keine Ansprüche auf eine weitergehende Vergütung
  • Sollte die Hilfsleistung aufgrund falscher Angaben oder einer außergerichtlichen Einigung wieder aufgehoben werden, können zusätzliche Kosten anfallen.

Fazit: Beratungshilfe hat viele Gesichter

Einkommensschwache Haushalte stehen in rechtlichen Notsituationen vor einem Problem. Um diesem Personenkreis trotzdem die Möglichkeit der Rechtssuche und Durchsetzung ihrer Rechte zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber mit der Beratungs- und Prozesskostenhilfe ein Netzwerk finanzieller Hilfen geschaffen. Allerdings ist deren Bewilligung an Bedingungen nach dem BerHG geknüpft, die Sie kennen müssen und im Hinterkopf behalten sollten. Andernfalls kann es passieren, dass die Beratungshilfe nachträglich wieder aufgehoben wird – und das Anwaltshonorar aus eigener Tasche zu zahlen ist.